• NEWS

    Zielona Góra | Muzeum Ziemi Lubuskiej - Galeria Nowy Wiek | exhibition: Kortyka – Jeschke. Część wspólna | finissage: October 19. 19 pm

    Russia | Moscow | exhibition: Art-lobster-tart | 6. Moscow International Biennale for Young Art | with the participation of Mateusz Piestrak and Piotr Macha | opens on June 13 at A3 gallery

    Lithuania | Vilnius | ARTVILNIUS’18 | 9th International Contemporary Art Fair | Exhibition and Congress Centre Litexpo | 7 – 10 JUNE 2018

    Berlin | Assembly Gallery Allerstrasse 15 | Piotr Kotlicki | A Lunatic in His Garden | 27-29.04.2018 - during Berlin Gallery Weekend

    Poznań | Assembly Gallery | Benjamin Rubloff | Today | 13.04. — 13.05.2018

    USA | NY 10011 | New York City | 125 W 18TH ST | METROPOLITAN PAVILION | SCOPE Art Show NEW YORK 2018 | Mateusz Piestrak | 8-11.03.2018

    Poznań | Cultural Center ZAMEK | Małgorzata Myślińska | Artist-In-Residence Programme | starts 25.01.2018

    Belgium | Brussels | LE 26 - Galerie Felix Frachon | Piotr Kotlicki | Hotel Europa - Kontynent Des Anecdotes | 11.01. - 11.02. 2018

    Düsseldorf | GATE art zone | Mateusz Piestrak | Modernization | 11.11. 2017 - 1.04.2018

    London | BEERS London | 75 Works on Paper | 16.11. - 23.12.2017
  • Innerer Dialog – Porträt der deutsch-polnischen Beziehungen

     

    Die Ausstellung der Werke des Malers Maciej Olekszy bringt das komplizierte und zugleich heikle Problem der deutsch-polnischen Beziehungen auf den Punkt. Der Bilderzyklus wird von eine Reihe von Gesichter- und Blickdarstellungen der Einzelpersonen determiniert, deren Identität am Rande zweier Nationalitäten gestaltet wird, dort, wo Polen- und Deutschtum dicht aneinander anliegen oder sich gar einander durchdringen, sobald die Grenze aufgehoben oder verletzt wurde.

    In seinen Werken erteilt Olekszy wiederholt das Wort den Deutschen. Besonders stark wahrnehmbar ist in dieser Ausstellung die Stimme von Ekkehart Panek, der in der polnischen Migrantenfamilie geboren wurde. Mit ihm hat der Künstler auch im Briefwechsel gestanden:

    23.11.2016 r.

    My personal opinion about Poland: Poland is a country between Germany and Russia, this can be a Black Card or a Joker! Only few Polish people want to be the Joker, but many want to be victims.

    28.11.2016 r.

    (…) yes, the memory about this time is very different in Poland and in Germany.

    For the last 70 years Germany paid a lot to all their neighbors. And paid a lot to the surviving Jewish people. And the German accepted to be the aggressors for ever.

    Angesichts einer Einzelerfahrung weicht die Stärke der Auswirkung des Postgedächtnisses keinesfalls dem polnischen Postgedächtnis und die nationale Identität stellt sich als nicht weniger betroffen dar. Erstaunlicherweise ergänzen sich diese zwei Haltungen miteinander: wir, Polen, müssen mit Deutschen nicht mehr um Opfer-Status wetteifern. Im Briefwechsel zwischen Künstlern, die von Oleksy geleitet wurde, polarisieren sich neben der Bildschaffung zwei stereotype und parallel gestaltete Haltungen – Angreifer (böser Deutsche) und das früher erwähnte Opfer (Pole). Und obwohl die Feinfühligkeit von Künstlern ihnen die Verallgemeinerungen verwehrt, sind jedoch die Geschichte und persönliche Erfahrung jedes von uns die Gründe, warum diese zwei Haltungen nicht in Frage gestellt werden können.

    Wir vergessen jedoch häufig, dass die Ereignisse sich ohne uns abgespielt haben. Nichts anderes als eine Reihe von Bildern, die im Laufe der Zeit mit jeder Generation immer mehr zum Mythos werden, beeinflusst unsere Einstellung zu traumatischen Erfahrungen mit Vernichtungslagern und dem Krieg. Das Postgedächtnis bzw. Nachgedächtnis nach Marianne Hirsch, von der dieser Begriff stammt, steht in enger Verbindung mit starken Gefühlen sowie mit einer nicht selten verfälschten Vorstellung. Ekkehart schüttet dem Künstler sein Herz nicht ohne gewisse Verbitterung aus. Diese klischeehafte Rollenverteilung hält er für selbstverständlich, aber ungültig und gar ungerecht zugleich. Wie lange werden noch Deutsche bei ihren Nachbarn und bei der ganzen Welt um Vergebung betteln? Sowohl wir, Polen, als auch Deutsche machen zum Mythos die Haltungen, die immer schwieriger zu erklären sind. Dadurch, dass diese Haltungen so einfach hingenommen werden, wird nicht nur die Möglichkeit einen Dialog aufzunehmen verhindert, sondern – so könnten wir nach Rolland Bartes sagen – wird die Geschichte „neutralisiert“, was uns unendlich von historischen Tatsachen entfernt.

    Polen sehen sich gerne in Opferrolle – und wir sollen uns keinesfalls dagegen sträuben, es lässt übrigens den Messianismus nicht löschen, der Polen stets nahestehend ist – somit können sie all das verdrängen, was schmerzlich gegen jedes Schema wirkt. An Schulen wird unterrichtet, dass der Antisemitismus böse war und im Ergebnis wir diese grausame Erscheinung par excellence mit Nationalsozialismus, schließlich doch mit Deutschen assoziieren. Darüber, wie stark die antisemitischen Strömungen in Polen waren, redet niemand in Polen. Weder solche Ereignisse wie Pogrom von Kielce (1946, d.h. bereits nach dem Krieg), wo Juden von Polen ermordet wurden, noch antisemitische Demonstrationen nach dem Krieg, die fortwährend in Polen stattgefunden haben, finden leider Resonanz in der polnischen Öffentlichkeit. Auch das, dass die wenigen nach dem Schoah überlebenden Juden der polnischen Herkunft in Polen nicht mit offenen Armen aufgenommen wurden, verschweigen wir in Polen. Es ist doch viel angenehmer sich in der Opferrolle oder als Verteidiger der Schwachen zu sehen, der den Bedürftigen Unterschlupf gewährt, geholfen und sie unterstützt hat. Solche Personen gab es natürlich auch. Es ist aber die Komplexität dieses Problems zu berücksichtigen, von dem nicht nur das Einzelvolk, sondern die ganze Menschheit betroffen wurde, und welches von Großdenkern des 20. Jahrhundert für einen Wendepunkt und Untergang nicht des Deutsch- Polen- oder Judentums halten, sondern für den Untergang von Humanismus überhaupt. Und zwar derselbe Humanismus, der zum Nachdenken darüber zwingt, wer der Mensch ist und wozu er fähig ist. 1971 hat Zimbardo ein berühmtes psychologisches Experiment zur Erforschung des menschlichen Verhaltens unter den Bedingungen der Gefangenschaft durchgeführt. Nach sechs Tagen wurde das Experiment aufgrund der Gewalteskalation vorzeitig abgebrochen: Personen, die früher keine sadistischen Verhaltensweisen zeigten, wurden zu wahrhaften Folterknechten, die völlig in ihrer grausamen Arbeit aufgegangen. Seit eh und je haben wir keine Illusionen zu Neigungen, die in der menschlichen Natur tief verwurzelt sind.

    In Geschichtenstrudel gezogen, scheint der Mensch danach zu streben, sich und seine Welt näher zu bestimmen und eine entsprechende Haltung einzunehmen, einer Pose, die er für einen sicheren Zufluchtsort umbauen kann. Die in uns tief steckende Angst in der Perspektive des Zwangs eine entsprechende Stellung zu nehmen wandelt sich in Panik, huldigt dem Impuls und verhindert den Dialog. Sogar Hannah Arendt, die sich der Banalität des Bösen gewidmet hatte, wurde daran heftig kritisiert, dass sie sich von Schwarz-Weißen Einteilungen zu Opfer und ihren Bluthunden abgehoben hat. Heutzutage scheint es aber, dass nichts mehr dem Nachdenken und Kontrollübernahme darüber entgegenstehen soll, was wir gedankenlos aufnehmen und was uns kreiert. Bilder von Olekszy sind nichts anderes als eben eine Erweiterung des deutsch-polnischen Dialogs, der tatsächlich, im intimen Raum zwischen zwei Künstler aufgenommen wurde. Das Porträt (Fryderyk, Ekkehart Panek, Pan Panek…) würde in diesem Falle etwas mehr als nur eine Einzelaufnahme eines Gesichtes im Rahmen eines Gemäldes sein. Olekszy versucht diese Erscheinung vom Standpunkt der Einzelheit auf der Makroebene aufzunehmen, womit er über Subjektivität hinausgeht und allgemeine Strukturen entlarvt, die über deutsch-polnische Beziehungen herrschen. Den offenen Dialog wird von ihm in zwei zentralen Botschaften bekundet: Don’t be so victim (von Deutschen für Polen) sowie Don’t be so guilty (von Polen für Deutschen). Sind wir in der Lage und die Zeit dafür zu geben, eigene Haltung zu verifizieren? Sind wir dazu fähig, als Polen uns unseren (deutschen) Anderen zuwenden und einen Blick auf ihre Gesichter weder mit Verdacht noch mit Misstrauen zu werfen? Hoffentlich wird die Ausstellung von Maciej Olekszy Aufschwung dafür sein.

     

    Anna Maria Bielak